Am vergangenen Freitag haben die Wagenhallen-Künstler vom Nordbahnhof von Seiten der Deutschen Bahn und der Stadt Vorschläge für alternative Standorte erhalten. Näher untersucht wird eine Ansiedlung auf dem Zuckerfabrik-Areal. Heute gibt es weitere Gespräche der Künstler mit der Stadt und der Bahn.
Von Iris Frey„Definitiv entschieden ist es noch nicht“, erklärt Aurele Mechler, Vorstand der Wagenhallen-Künstler. Dadurch dass das Gelände historisch schwer zu vermitteln sei, so Mechler, könne es jedoch von Vorteil für die Künstler sein. Der Vorschlag werde geprüft, auch wie teuer ein Umzug sei, ob die Bahn die Künstler dabei unterstütze und ob es Fördergelder gebe. „Jeder der Künstler hat so seine Vorstellungen“, betont Mechler. Ein Wunsch der Kunstschaffenden sei es, die Waggons, die noch gut sind, auch auf dem neuen Gelände zu platzieren. Außerdem stellen sie sich eine mobile Containerarchitektur vor, falls die Künstler das Gelände wieder verlassen. Diese Form der Architektur sei wieder relativ aktuell, ist sich Mechler sicher.
Nicht einfach sei, dass es sich bei dem Gelände um eine Brache handele, die mit Wasser und Strom erschlossen werden müsse. Zudem stehen die Künstler unter Zeitdruck. „Bis Ende Februar sollen wir vom derzeitigen Gelände weg“, so Mechler. „Wir brauchen eine Übergangslösung.“ Dies betreffe etwa 20 Waggons. Nicht jeder werde mitgenommen. Aber es gebe durchaus Waggons, auf die die Künstler nicht verzichten wollen, nicht nur weil sie ein Stück Bahngeschichte sind.
Alternativ haben sich die Künstler auch den Westbahnhof am vergangenen Wochenende angeschaut. „Das ist ein dunkles Loch mit viel Schatten“, stellte Mechler fest. Derzeit sind am Nordbahnhof 30 Künstler als Mieter dabei. Wie viele nun letztendlich mit umziehen werden, ist unklar.
So muss auch geklärt werden, wie hoch die künftige Miete sein soll und ob den Künstlern vielleicht auch eine mietfreie Zeit eingeräumt wird. „Alles ist in der Schwebe, es gibt keine Ideallösung“, sagt Michler.
Schon vor der Räumungsaufforderung durch die Bahn im Januar hatten die Künstler begonnen, sich umzuschauen. Zwölf Jahre befanden sich die Künstler jetzt auf dem Bahngelände. Mechler selbst war dort acht Jahre lang. Bei dem Zuckerfabrikareal handelt es sich um städtisches Gelände. Die Künstler hoffen auf Unterstützung durch die Stadt. So habe das Büro von Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann sich bei den Künstlern gemeldet und Unterstützung garantiert, erklärt Mechler. Alternativstandorte außerhalb Stuttgart kämen nicht in Frage. „Wir sind die Kulturszene in Stuttgart“, sagt Mechler. Ins genauere Visier nehmen sie jetzt ein Gelände zwischen dem Fundus des Staatstheaters und einer Bäckerei. So gab es am Dienstag auch weitere Gespräche mit dem Liegenschaftsamt. Axel Wolf vom Liegenschaftsamt erklärte: „An uns soll es nicht liegen, dass das Gelände auf dem Zuckerfabrik-Areal bis Ende Februar verfügbar ist.“ Im Moment werde noch die Erschließung geklärt. Das Gelände sei verwildert. Nun müsse ermittelt werden, was man dort alles tun müsse, damit die Waggon-Künstler sich ansiedeln können. Am heutigen Donnerstag gibt es ein weiteres Gespräch mit der Bahn. Die Stadt will den Künstlern bei der Erschließung helfen, auch bei der Rodung des Geländes, damit die Waggons und möglicherweise auch Container dort aufgebaut werden können. „Da finden wir eine Lösung“, so Wolf. Sollten sich die Künstler für das Areal entscheiden, muss der Wirtschaftsausschuss noch darüber befinden.
Auf dem Zuckerfabrik-Areal hat sich in der letzten Zeit einiges getan. So ist dort das Kulissenlager des Staatstheaters entstanden. Die Privatschule Bil hat kurz vor Weihnachten auf dem Gelände seinen Spatenstich gefeiert und baut hier eine Schule. Zudem gibt es noch einen kulturellen Punkt auf dem Gelände des Zuckerfabrik-Areals: Dort befindet sich auch die Freie Kunstschule Stuttgart.
Bei einer möglichen Ansiedelung der Waggon-Künstler werde im Übrigen der Platz für eine mögliche Brückenverbindung nach Münster frei gehalten, erklärte Wolf. Seit Jahren gibt es, wie berichtet, Überlegungen Münster und den Hallschlag über einen Steg direkt zu verbinden. Bislang fehlte dafür das Geld, um den Steg bauen zu können.
Die Waggon-Künstler sehen eine schlechtere Erreichbarkeit des Geländes durch öffentliche Verkehrsmittel, weil es dort bislang nur die Busverbindung gebe. Die Verbindung mit der Stadtbahn U 12 soll es erst 2012 geben, so Wolf.