Die Künstlerkolonie vom Nordbahnhof wird schon bald den Bauzug verlassen und die Waggons gegen Container im Neckarpark tauschen können. Nach dem Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen hat am Dienstag auch der Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik zugestimmt, dass die Ateliergemeinschaft 3YG interimsweise auf dem Areal des früheren Güterbahnhofs Cannstatt ansässig werden darf.
Die Künstler bekommen von der Stadt zu günstigen Preisen einen Platz in der Nähe des Daimler-Motorenwerks für die Container überlassen, für die sie fast 40.000 Euro investieren wollen. Am Nordbahnhof muss die Künstlerkolonie dem Projekt Stuttgart 21 weichen.
Die Stadträte und Städtebaubürgermeister Matthias Hahn (SPD) lobten die Künstler. Sie hätten sich als verlässliche Partner erwiesen, sagte Philipp Hill (CDU). Beim Wohnungsbauprojekt der Stadt im Neckarpark gebe es Probleme aufgrund hoher Lärmbelastung. Das Konzept sei „in den nächsten Jahren nicht komplett umsetzbar“.
Ein nicht genau datiertes Foto, vermutlich Ende der 50er-Jahre aufgenommen, zeigt den Wagenburgtunnel. Die Röhre hat es damals noch nicht gegeben. Wenn die Bauarbeiten für Stuttgart 21 weiter voranschreiten, wird der Musikclub zumindest an seinem angestammten Platz in einigen Monaten Geschichte sein. Warum das nicht nur für ihn selbst, sondern auch für Stuttgart ein herber Verlust ist, erzählt Betreiber Peter Reinhardt in der Bilderstrecke. Foto: Röhre Totgesagte leben länger. Dieser weise Spruch gilt wohl auch für die Röhre. Am 1. Oktober 2010 flattert den Betreibern Peter Reinhardt, Nanno Smeets und Jan Drusche so etwas wie der blaue Brief per Boten ins Haus. Foto: dane Der 1985 von OB Manfred Rommel eingeweihte Musikclub muss demnach am 31. Dezember 2010 die Gitter entgültig runterlassen. Mit ihm sterben Erinnerungen der Subkulturmacher. Nanno Smeets plaudert aus dem Nähkästchen, wenn er von einem Paar erzählt, das bei der Jubiläumssause in flagranti unterm DJ-Pult erwischt wurde. Foto: dane
Bis dahin werde die Ateliergemeinschaft vielleicht das Image des Areals verbessern, da sie Besucher anziehe. Auch Hahn glaubt, dass die Künstlerkolonie den Standort wahrnehmbar mache. Solche Zwischennutzungen würden zeigen, dass es in der Großstadt an vielen Stellen einen spannenden Wandel gebe. Die Grünen hätten sich immer über die Existenz der Künstlerkolonie gefreut, die in den Nischen der Großstadt neue Möglichkeiten des Wohnens und Arbeitens auslote, sagte Michael Kienzle.