Stuttgart – Jahrelang lebten die Künstler vom Nordbahnhof in einem Übergangsstadium: Eisenbahnwaggons dienten als Bleibe und Ateliers, solange das Nordbahnhofgelände nicht anders nutzbar war. Im Mai müssen sie das Feld räumen und sollen in Container am Cannstatter Güterbahnhof einziehen.
„Bauzug 3YG“, so nennt sich das Wohn- und Arbeitsprojekt der Künstlerkolonie vom Inneren Nordbahnhof. Jetzt muss es einer zentralen Baulogistikfläche für Stuttgart 21 weichen. Unterschlupf finden sie in einem Container-Atelier im Cannstatter Güterbahnhof. Darauf deuten Aussagen von Vertretern der Künstler hin, die am Mittwochabend im Bezirksbeirat Bad Cannstatt die Bürgervertreter über den Projektstand informierten.
„Stadtverwaltung begrüßt Container-Konzept“
Willkommen sind auf dem Gelände hinter der Stadtbahnhaltestelle Nordbahnhof zwölf Jahre lang alle gewesen, die für urbane Sonnenaufgänge am Lagerfeuer, spontane Konzerte und Performances etwas übrig haben. Jetzt heißt es Abschied nehmen von der Künstler-Kolonie und ihren Waggons. Letzte Impressionen… Foto: dane Das Spiel ist aus, … Foto: dane … gut gebrüllt Löwe, … Foto: dane
„Die Reise geht in Richtung Container“, bestätigte Marco Trotta, Sprecher der Ateliergemeinschaft. Man sei beim Genehmigungsmarathon „auf der Zielgeraden“ eingebogen. „Die Stadtverwaltung begrüßt das Container-Konzept“, bestätigte Sprecher Sven Matis.
Allerdings ist die Nutzung des Areals auf zwei Jahre befristet. Die aktuellen Pläne des Gemeinderats sehen dort das Wohn- und Dienstleistungsquartier Neckarpark vor. „Damit können wir fürs Erste leben“, so Trotta. Ein zunächst ins Auge gefasster Umzug der Waggons auf das Areal der alten Zuckerfabrik im Cannstatter Hallschlag war an baurechtlichen Fragen, einer geschützten Eidechsenart sowie am Veto des Bezirksbeirats Bad Cannstatt gescheitert. Dieser hatte den Umzug mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Nach einem erneuten Suchlauf wurde man am Güterbahnhof fündig.
Im Neckarpark will die etwa 30-köpfige Künstlergemeinschaft bis Herbst ein kleines Container-Dorf aus zunächst fünf Transport- und einem Sanitärelement errichten. Im weiteren Ausbau soll daraus ein größeres Container-Ensemble entstehen, das Platz für künstlerisches Schaffen und öffentliche Veranstaltungen bietet. Über den Winter sollen in einer Ausschreibung die einzelnen Nutzer ermittelt werden.
Künstlerkolonie auf zwei Jahre befristet
„Wir sehen den Großteil der Finanzierung bei uns“, betonte Trotta. Für Anschaffung und Ausstattung der ersten Container kalkulieren die Macher rund 36.000 Euro. Aus der Verschrottung von rund zwei Dutzend Bauzugwaggons, so hoffen sie, könnten rund 20.000 Euro erlöst werden, Spenden sollen den Rest erbringen. Die Bahn als bisherige Grundstücksvermieterin im Nordbahnhof habe signalisiert, zwei gebrauchte Bürocontainer kostenlos abzugeben. „Jetzt muss nur noch deren Transport aus dem Saarland organisiert werden“, sagt der Sprecher der Ateliergemeinschaft.
Eine Dauerlösung wird es für die Künstler auch in Bad Cannstatt nicht geben. Die Container dürfen zunächst nur zwei Jahre stehen bleiben, weil der Gemeinderat dort das Wohn- und Dienstleistungsquartier Neckarpark haben will. Doch laut Marco Trotta ließen sich die Container leichter an einen neuen Platz bringen als Waggons.
Die Bezirksbeiräte nahmen das Konzept wohlwollend zur Kenntnis. SPD-Vertreter betonten, dass die Behältnisse nicht der städtebaulichen Entwicklung des Gebiets im Wege stehen dürften. Ihr bisheriges Domizil im Nordbahnhof müssen die Waggon-Künstler bis spätestens Ende Mai räumen.