Schreiben an OB Kuhn und weitere Vertreter aus Politik, Kultur, Medien und Gesellschaft geschrieben von Vertretern verschiedener Kulturinstitutionen in Stuttgart
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Schreiben an OB Kuhn und weitere Vertreter aus Politik, Kultur, Medien und Gesellschaft geschrieben von Vertretern verschiedener Kulturinstitutionen in Stuttgart
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An die
Stadt Stuttgart
Herrn
Oberbürgermeister Fritz Kuhn
Rathaus
Marktplatz 1
70173 Stuttgart
10. November 2014
Atelier- und Produktionsort Wagenhallen
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Kuhn,
in Sorge um die zukünftige Entwicklung des Areals Wagenhallen als Atelier- und Produktionsort für verschiedene künstlerische Sparten und Kulturformen wenden wir uns heute mit diesem Schreiben an Sie, an Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann und weitere Vertreter aus Politik, Kultur, Medien und Gesellschaft. Für uns als Leiterinnen und Leiter von Kunst- und Kulturinstitutionen dieser Stadt ist die zukünftige Entwicklung des Areals Wagenhallen als Atelier- und Produktionsort von größter Bedeutung. Leider scheinen neu erstellte Brandschutzgutachten die positiven Entwicklungen, die sich nach dem Bürgerhaushalt in diesem Bereich abzuzeichnen schienen, nun zu erschweren. Die Arbeitssituation für die etwa 70 Künstlerinnen und Künstler auf dem Gelände ist im Moment jedenfalls unerträglich und muss dringend sofort und auch langfristig verbessert werden.
Die Wagenhallen in Stuttgart haben sich in den letzten Jahren zu „dem“ Atelier- und Produktionsort in Stuttgart, in der Region und im ganzen Land entwickelt. Hervorragende Künstler, Architekten, Designer, Kulturschaffende verschiedenster Sparten und Altersgruppen arbeiten hier zusammen – sicher nicht unter perfekten, aber unter für Künstler ziemlich idealen Bedingungen. Wer den Prozess „Kultur im Dialog“ in der Stadt verfolgt hat, der weiß, dass in der Stadt ansonsten fehlt, was die Wagenhallen wie kein anderer Ort bietet: Platz und Raum für künstlerische Produktion und professionellen Austausch auf hohem Niveau.
Das hat sich mittlerweile weit über die Stadtgrenzen herumgesprochen. Wer heute in Deutschland mit zeitgenössischer Kunst zu tun hat, der kennt die Wagenhallen in Stuttgart. Auch international werden Kontakte gepflegt, Netzwerke eingebunden. Und wenn wir von den Erfolgen sprechen, dann sprechen wir nicht vom Veranstaltungskulturbetrieb, von Partys, Firmenevents und Konzerten, die einen ganz anderen Bedarf abdecken und für eine bestimmte Szene sicher von Interesse sein mögen. Wir sprechen von Künstlerinnen und Künstlern im freien, angewandten und darstellenden Bereich, die Preise gewinnen, Stipendien bekommen, in großen Ausstellungen vertreten sind, die die kulturelle Szene dieser Stadt auf höchstem Niveau repräsentieren.
Über die Abwanderung vor allem nach Berlin und Leipzig, die allen Kunstinstitutionen dieser Stadt und Region zu schaffen macht, wurde in den letzten Jahren viel geredet; es wurde allerdings wenig dagegen getan – eines der attraktivsten und wichtigsten Argumente zu bleiben, aber waren und sind für viele Künstler die Wagenhallen als Atelier- und Produktionsort, der diesen Namen verdient und mit vergleichbaren Angeboten anderer Städte dieser Größenordnung mithalten kann.
Die Künstler, Architekten, Designer, Performer, Schauspieler, Tänzer und anderes mehr, die im Moment dort arbeiten, haben zu einem großen Teil an unseren Hochschulen studiert, sind von Stadt und Land, teilweise auch vom Bund, mit Stipendien und über Projektmittel gefördert worden, sie arbeiten mit den Institutionen in der Region zusammen, initiieren Aktionen, Ausstellungen, Veranstaltungen, Symposien, Kongresse. Ihre erfolgreiche Arbeit prägt diese Stadt mit, und sie ist für unsere Arbeit unbedingt notwendig.
Daher sprechen wir uns dafür aus, dass die Arbeitsbedingungen in den Ateliers wieder vernünftig geregelt werden. Es kann nicht sein, dass Künstlerinnen und Künstler zu einer bestimmten Uhrzeit, die ein Veranstalter auf dem Gelände festlegt, ihre Studios verlassen müssen, um dann zu einer anderen Uhrzeit wieder zurückkehren zu dürfen. Wer kann so arbeiten? Sicher muss auch der Konzert- und Eventbetrieb vernünftige Arbeitsbedingungen erhalten, in erster Linie ist dieser Ort aber ein Atelier- und Produktionsort. Auch hinsichtlich der zukünftig dort geplanten Wohnbebauung ist das die einzige zukunftsträchtige Perspektive für das Gelände.
Gleichzeitig gehen wir davon aus, dass der Kunstverein Wagenhallen in alle weiteren Gespräche um die Ertüchtigung der Gebäude eingebunden wird. Eine Luxussanierung ist nicht notwendig und nicht im Interesse der Menschen, die dort arbeiten. Es liegt ein hervorragendes, überzeugendes Konzept der „Zukunftsgruppe Wagenhallen“ vor, das den Brandschutz selbstverständlich mit berücksichtigt. Kein Wunder, schließlich haben einige kompetente Architekten ihre Studios auf dem Gelände – Architekten übrigens, die unter anderem als Mitarbeiter in Lehre und Forschung an den Hochschulen dieser Stadt arbeiten. Wir reden von hoch professionellen, erfolgreichen Kollegen.
Ein Ziel müssen darüber hinaus langfristige Mietverträge zu vernünftigen Bedingungen sein. Das ist auch Kern des Projektvorschlags, der auf dem dritten Platz des Bürgerhaushalts gelandet ist.
Wir bitten Sie daher dringend um Unterstützung der Künstlerszene in den Wagenhallen – in ihrer ganzen Breite und Vielfalt.
Für Fragen und Gespräche stehen wir gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen,
Hans D. Christ und Iris Dressler, Württembergischer Kunstverein
Martina Grohmann und Marie Bues, Theater Rampe
Dr. Ulrike Groos, Kunstmuseum Stuttgart
Reinhard Hauff, Galerie Reinhard Hauff Stuttgart
Prof. Jean-Baptiste Joly, Akademie Schloss Solitude
Markus Merz, Merz Akademie, Hochschule für Gestaltung, Kunst und Medien
Bernd Milla, Kunststiftung Baden-Württemberg
Elke aus dem Moore, Institut für Auslandsbeziehungen
Petra von Olschowski, Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart
Prof. Ulrich Wegenast, Film- und Medienfestival gGmbH
Adnan Yildiz, Künstlerhaus Stuttgart
Hier der Text als PDF zum Download:
http://kunstverein-wagenhalle.de/wp-content/uploads/2014/11/Erklaerung-Wagenhallen.pdf